Protokoll eines Abenteurers
Artikel, Unterhaltungen, Vorworte und Reden – die hier zusammengetragenen Stellungnahmen und Positionierungen des Schriftstellers Jean Genet dokumentieren, dass Genet, obwohl er in seinen letzten zwanzig Lebensjahren sehr zurückgezogen lebte, in eindrucksvoller Weise in der Öffentlichkeit präsent war. Von Chartres bis Chicago, von der Goutte d’or bis zu den Lagern von Sabra und Chatila, von den Ufern des Jordan bis in die Ghettos der African-Americans: Dieser Band der Werkausgabe ist das Protokoll eines literarischen und politischen Abenteurers, der sich an die Seite der Ausgestoßenen und Revoltierenden dieser Welt stellte und für sich selbst nie einen anderen Titel beanspruchte als den des Vagabunden.
Der Band enthält u.a. Genets berühmte May Day Speech vom 1. Mai 1970, das legendäre Interview mit Hubert Fichte, das für DIE ZEIT entstand, sowie den als Vorwort zu Texten der RAF verfassten Essay Gewalt und Brutalität.
Werke in Einzelbänden, Bd. IX, Übersetzung von Christiane Kayser, 572 S., fadengehefteter Leineneinband mit Schutzumschlag, mit einer Kurzbiografie und editorischen Anmerkungen des Herausgebers Albert Dichy
Jean Genet, geb. am 19. Dezember 1910 als uneheliches Kind in Paris und von der Mutter ausgesetzt, wächst bis zum 13. Lebensjahr bei Pflegeeltern im Morvan auf. Mit Ende der Pflegschaft beginnt die Odyssee Genets durch die Institutionen der öffentlichen Fürsorge, bis er in der berüchtigten Besserungsanstalt von Mettray landet. 18-jährig verpflichtet sich Genet zum Militärdienst und wird in den Nahen Osten, später nach Marokko versetzt. Seitdem fühlt er sich von der arabischen Welt und den Menschen dort stark angezogen. In den 40er Jahren beginnt Genet zu schreiben, zunächst Gedichte und Romane, später Theaterstücke. Seit den 60er Jahren veröffentlicht er zahlreiche politische Essays und Artikel, in denen er sich für die Sache der Benachteiligten engagiert.
1983 wird Genet mit dem Französischen Nationalpreis ausgezeichnet. Er stirbt in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1986. Seit einigen Jahren erfährt Jean Genets literarisches Werk durch die Rezeption insbesondere zeitgenössischer Musiker wie David Bowie, Patti Smith oder Héloïse Letissier eine neue Aufmerksamkeit.
Pressestimmen:
"Jean Genet [...] ist sicherlich eines der schlimmsten enfants terribles der französischen Nachkriegszeit und einer der interessantesten französischen Autoren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts." (Maurice Schuhmann, Kunst und Politik)
"Der Band mit Genets politischen Äußerungen kommt wie eine Flaschenpost aus einer hemmungslosen Zeit" (Willi Winkler, Süddeutsche Zeitung)